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Nach einer Analyse der Journalistin Elmas Topçu (Deutschen Welle) ist die 1984 gegründete DITIB mit ihren achthundertachtundfünfzig Moscheen, ihren zwölfhundert Geistlichen, ihren in sechzehn Regionen organisierten neunhundertsechzig Vereinen und mehr als sechzigtausend ehrenamtlich Tätigen die bedeutendste Organisation türkeistämmiger Musliminnen und Muslime in Deutschland.
Seit vielen Jahren wird in Berlin kritisiert, dass die aus der Türkei entsandten und in Deutschland eingesetzten Beamten im Rang von Imamen unmittelbar der Religionsbehörde in Ankara unterstehen. Dass einige dieser Imame nach dem Putschversuch im Jahr 2016 Mitglieder der Gülen-Bewegung in ihren Gemeinden an Ankara gemeldet haben sollen, löste in Deutschland zusätzliche Empörung aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte damals, mindestens dreizehn Imame hätten nachrichtendienstliche Tätigkeiten ausgeübt. Die Bundesanwaltschaft leitete Vorbereitungen für ein Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen diese Geistlichen ein. Die Religionsbehörde in Ankara beendete daraufhin die Dienstverhältnisse der betroffenen Imame und zog sie in die Türkei zurück, um eine diplomatische Krise möglichst zu vermeiden.
In der damaligen Erklärung der DITIB wurde eingeräumt, dass einige Imame ihre Befugnisse überschritten hatten. Nach einem Bericht, den die Deutsche Welle den politischen Kreisen in Berlin zuschreibt, gehörte zu den zurückgerufenen Imamen auch Ramazan Ilıkkan, der Religionsattaché des türkischen Generalkonsulats in Düsseldorf, dem eine Rolle in dem Skandal nachgesagt wurde. Ankara wies diesen Vorwurf zurück und erklärte, Ilıkkan sei lediglich wegen Ablaufs seiner regulären Dienstzeit abberufen worden. Nach seiner Rückkehr in die Türkei wurde er zum Leiter der Abteilung für Auslandstürken ernannt.
Acht Jahre später nun kehrt derselbe Ilıkkan als Vorsitzender der Ditib nach Deutschland zurück, was sofort eine neue Debatte ausgelöst hat. Der frühere Bundestagsabgeordnete Volker Beck schrieb auf seinem Konto im Netzwerk X: „Ich erwarte, dass ein Drahtzieher der DITIB-Spionage-Affäre zur unerwünschten Person erklärt wird“.
Ankara scheint entweder zu glauben, dass Deutschlands institutionelles Gedächtnis schwach sei, oder schöpft aus dem Umstand Mut, dass Bundeskanzler Merz bei seinem jüngsten Besuch die repressiven Praktiken des türkischen Regimes offenkundig ignoriert habe. Ich halte die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher.
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