Im Jahr 1988 ereignete sich auf einem Parteitag, ein bewaffnetes Attentat auf Turgut Özal, den türkischen Ministerpräsidenten. Özal überlebte den Anschlag, genau wie Trump, in dem er sich hinter dem Rednerpult versteckte - mit Verletzungen. Und auch er hatte - wie Trump - Personenschutz. Der Attentäter, der auf ihn schoss, Kartal Demirağ, wurde ebenfalls von den Leibwächtern angeschossen. Dem Attentäter gelang es jedoch mit Verletzungen zu entkommen, indem er mit Überschlägen die Flucht ergriff. Nach seiner Haftzeit wurde er wieder freigelassen.
1992 führte ich zusammen mit meinem Kollegen Çiğdem Anat im Rahmen des von mir geleiteten Programms 32. Gün (deutsch 32.Tag) ein Interview mit Kartal Demirağ. In vollem Selbstbewusstsein erzählte er mir, dass er von mehreren pensionierten Generälen eine Kommandoausbildung erhalten hatte. Auch mit dem Staatsanwalt, der den Anschlag untersuchte, konnte ich sprechen. Dieser berichtete mir, dass der Attentäter Mitglied einer lokalen Konterguerilla-Organisation war und ein Polizist dem Attentäter die Tatwaffe in der Kongresshalle des Parteitags übergeben hatte. Die Hinweise führten uns zu einer „tiefen Struktur“ innerhalb des Staates, die den Tod von Özal zum Ziel hatte. Selbstverständlich verfolgte auch Özal die Ermittlungen und konnte erahnen, in welche Richtung diese Hinweise führen würden. Sein Bruder Korkut Özal, mit dem ich während der Untersuchung des Attentats ebenfalls sprach, berichtete: „Je weiter die Ermittlungen voranschritten, desto deutlicher wurde die dahinter stehende Kraft. Als Turgut Özal die Wahrheit realisierte, erklärte er: 'Wenn dem so ist, dann lass es bleiben' und beließ es auch selber dabei.“ Der Staatsanwalt, der die Ermittlungen leitete, berichtete auch, dass er die Ermittlungen aufgrund der Warnung von Personen, die seiner Einschätzung nach Geheimdienstmitarbeiter waren, eingestellt habe. Es ist kaum zu glauben, dass vor den Augen der Weltöffentlichkeit ein Attentat auf den Premierminister vertuscht wurde.
Wenn man heute das Attentat auf Trump beobachtet und dabei den Anschlag auf Özal in Erinnerung ruft, kann man nicht anders, als sich zu fragen: „Wer weiß, welches Kalkül hinter den Kulissen steckt, und wie viel davon ans Licht kommen wird“…
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