In vielen Teilen der Welt – von Irland bis Spanien, von Südafrika bis Sri Lanka – gab es bereits Friedensverhandlungen mit bewaffneten Organisationen. Einige führten zum erhofften Erfolg, andere scheiterten. Auch die Türkei hat solche Versuche schon zweimal unternommen: In den 1990er Jahren unter Präsident Özal und in den 2010er Jahren unter Erdoğan führte der Staat Verhandlungen mit dem PKK-Führer Abdullah Öcalan. Es wurden Fortschritte erzielt, wie etwa die Aussicht auf Verfassungsänderungen zugunsten der Kurden, unter der Bedingung, dass die PKK zunächst einen Waffenstillstand erklärt und ihre Waffen niederlegt. Doch beide Bemühungen führten nicht zum gewünschten Ergebnis. Im Gegenteil: Die Konflikte eskalierten und wurden noch intensiver.
Dieses Mal unterscheidet sich die Situation deutlich von den beiden vorherigen Versuchen: Eine äußere Dynamik zwingt die Parteien regelrecht an den Verhandlungstisch – Syrien. Die veränderten Machtverhältnisse im südöstlichen Nachbarland der Türkei bringen sowohl Bedrohungen als auch Chancen mit sich. Eine Einigung mit den Kurden in Nordsyrien über Öcalan könnte der Türkei die Möglichkeit geben, ihren Einfluss in der Region weiter auszubauen. Dieser Prozess wird zudem von den USA unter Trump sowie von Israel, das für seine Unterstützung der Kurden bekannt ist, aktiv vorangetrieben. Gleichzeitig sitzt der PKK-Führer mittlerweile seit 25 Jahren im Gefängnis, was die Regierung zunehmend unter Druck setzt, ihm zumindest eine Perspektive auf Freilassung zu eröffnen. Zudem glaubt Ankara, dass die PKK militärisch stark geschwächt ist – eine Gelegenheit, die man nicht verpassen will.
Anders als bei den vorherigen Friedensprozessen wird dieser Versuch von allen staatlichen Institutionen – vom Geheimdienst bis zum Militär – geschlossen unterstützt. Noch wichtiger ist, dass der nationalistische Widerstand, der solche Versuche früher blockierte, diesmal von der nationalistischen MHP unter Kontrolle gehalten wird. Denn es war MHP-Chef Devlet Bahçeli, der den aktuellen Vorstoß überhaupt erst angestoßen hat.
Die PKK hat inzwischen erklärt, dass die endgültige Entscheidung bei Öcalan liegt und seinem Wort gefolgt wird.
Viele sind sich jedoch der Zerbrechlichkeit solcher Prozesse bewusst und erinnern sich an die Risiken eines Scheiterns. Dennoch gibt es Hoffnung: Ein bis März angekündigtes Abkommen könnte nicht nur Frieden bringen, sondern auch eine Generalamnestie und möglicherweise eine demokratischere Verfassung.
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