Liebe Leserin, lieber Leser,
als der damalige Ministerpräsident Turgut Özal 1984 das Wärmekraftwerk in Gökova trotz eines Gerichtsurteils und gegen den Widerstand der Menschen in der Region baute, erklärte er: „Hier werden viele schöne Dinge geschehen“. Heute ruft das Umweltministerium angesichts der Luftverschmutzung in dieser Region dazu auf, nicht im Freien spazieren zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Die Stadt Gökova beheimatet auch heute noch eines der sieben antiken Weltwunder.
Beste Grüße
Ihr Can Dündar
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Gökova hat der Umwelt und den Menschen großen Schaden zugefügt, gleichzeitig wurde es aber auch zur Geburtsstätte einer neuen Generation von Ökologen in der Türkei. Die ersten radikalen Grünen wurden aus diesen Protesten geboren. Die Beziehung zwischen Umwelt und Politik, Antimilitarismus, Homosexuellenrechte und Anti-Atomkraft-Bewegung kamen auf die Tagesordnung von Politik, Medien und Leben. Es war die Zeit, in der die Grünen in Deutschland ins Parlament einzogen und auch die Grünen in der Türkei mit Aktivitäten in verschiedenen Parteien, Gruppen und Zeitschriften begonnen hatten. Später, vor allem in den frühen 2000er Jahren, machten sie mit Protesten gegen das Atomkraftwerk Akkuyu auf sich aufmerksam. Sie setzten sich aktiv dafür ein, dass die Türkei dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen beitritt und das Kyoto-Protokoll unterzeichnet. Später war die Präsenz des „grünen Widerstands“ bei jedem „Megaprojekt“ zu spüren, bei der Plünderung der Küsten, der Ausgrabung von Goldminen, dem neuen Brückenprojekt über den Bosporus.
Allmählich begann die Bewegung, auch zu grundlegenden Themen jenseits des ökologischen Bereichs aktiv Stellung zu beziehen, unter anderem zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union, zur Kurdenfrage und zur Autokratisierung der AKP-Regierung und als Erdoğan 2013 versuchte, die Bäume im Taksim-Gezi-Park für ein Einkaufszentrum zu fällen, zeigten die Grünen ihre volle Stärke mit einem nationalen Widerstand. Bei den letzten Wahlen schickte die Grüne Linkspartei 62 Abgeordnete mit 8,8 Prozent der Stimmen ins Parlament, darunter auch Kandidaten der HDP, einer überwiegend kurdischen Partei, die droht, verboten zu werden.
Obwohl sich die Umweltbewegung parteipolitisch nicht so schnell wie erwartet entwickelt hat, genießt sie eine sehr starke Unterstützung durch die Massen. Letzte Woche stieß der Versuch von Erdoğans Lieblingsunternehmen LİMAK, den Akbelen-Kiefernwald in Muğla zu zerstören, um ein Wärmekraftwerk zu bauen, auf den Widerstand der Menschen in der Region, genau wie vor 40 Jahren. Obwohl die Regierung versuchte, den Widerstand mit Hilfe von Polizei und Gendarmerie zu unterdrücken, bewies der Gegenwind der Menschen, die den Wald verteidigten, wie sehr das Umweltbewusstsein in 40 Jahren gestiegen ist. In der Türkei, wo die Politik der Mitte blockiert ist, kann die links-grüne Bewegung einen neuen Wind, einen frischen Diskurs und eine solide Alternative in der Politik hervorbringen. Ich hoffe, dass die europäische Umweltbewegung, insbesondere die deutschen Grünen ihre Solidarität dem grünen Widerstand in der Türkei stärker ausdrücken.
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Die Niederlage der letzten Wahlen führte nicht nur zu einem Zerfall der Opposition, sondern auch zu Enttäuschung, Verzweiflung und allmählicher Apathie bei den Menschen, die auf einen Wandel gehofft hatten. Diese Situation macht sich deutlich bemerkbar, von den Verkaufszahlen der Zeitungen bis zu den Einschaltquoten im Fernsehen. Aus einem sehr intensiven Medieninteresse hat sich ein Zustand von nahezu Gleichgültigkeit entwickelt. Dieser Trend, kombiniert mit der Lethargie der Sommermonate, spiegelte sich auch in den YouTube-Zuschauerzahlen von #ÖZGÜRÜZ wider. Wir hoffen, dass daraus keine dauerhafte Gleichgültigkeit wird und damit dies nicht eintritt, bereiten wir uns gemeinsam mit allen Programmschaffenden auf die neue Staffel vor.
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