Der illegale Wettbaron Halil Falyalı, der die Kontrolle über die Casinos auf der Insel innehatte, ist 2022 ermordet worden. Vor seiner Ermordung wurde er zwar festgenommen, aber kurz darauf wieder freigelassen. Gerüchten zufolge hatte er mit Aufnahmen aus seinem Archiv über seine Freilassung mit Bürokraten und Politikern verhandelt. Es hieß, die Bänder zeigten einige Politiker, deren Kinder sowie Geschäftsleute. Damals führte ein obszönes Video, das in den sozialen Medien auftauchte, zum Rücktritt des Premierministers von Zypern.
Im April veröffentlichte die Zeitung Bugün Kıbrıs ein Interview mit Cemil Önal, dem Finanzchef von Halil Falyalı. Das Gespräch wurde in den Niederlanden geführt. Darin behauptete Önal, der von der Türkei nach Nikosia entsandte Botschafter sei beauftragt worden, die erwähnten Kassetten aufzuspüren. Seinen Angaben zufolge hatte der Botschafter 40 der insgesamt 45 Bänder erhalten; auf den fünf verweigerten befänden sich hingegen Aufnahmen und Informationen über die Kinder des früheren Premierministers Binali Yıldırım und des ehemaligen Geheimdienstchefs, heutigen Außenministers Hakan Fidan. Offenbar hatte Falyalı seine Partner im Netzwerk aus Bestechung, Glücksspiel, Drogen und Prostitution auf der Insel heimlich gefilmt und das Material als Lebensversicherung zurückgehalten.
„Ich bin eine Blackbox – sie werden versuchen, mich zum Schweigen zu bringen“, sagte Önal in dem Interview. Zwei Wochen später wurde er vor einem Hotel im niederländischen Rijswijk bei einem bewaffneten Angriff getötet. Dass ein bedeutender Zeuge unter dem Schutz von Geheimdiensten einem Attentat zum Opfer fiel, wirft viele Fragen auf.
Nun warten in Zypern und in der Türkei die einen – die Schuldigen – mit Angst, die anderen – die Aufklärungswilligen – mit Hoffnung darauf, dass das Rätsel um den Mord und die verschwundenen Kassetten endlich aufgeklärt wird.
|